Hinter den Kulissen im „Alten Schauspielhaus Stuttgart“

Vor unserem Besuch des Stückes „Geächtet“ gewährten uns Natalie und das Theater einen exklusiven Blick hinter die Kulissen.

Kommt mit durch das „Alte Schauspielhaus Stuttgart“ und lasst Euch Natalies Stationen und Abläufe zeigen.

Ankunft am Theater

Zentral in der Stuttgarter Innenstadt liegt das „Alte Schauspielhaus“.

Natalie kommt immer recht früh ins Theater, um vor ihrem Auftritt noch ausreichend Zeit zu haben, sich in aller Ruhe vorzubereiten. Wenn möglich, ist sie drei Stunden vor Beginn der Vorstellung vor Ort.

Wie jeder Kollege meldet sie sich bei ihrer Ankunft beim Pförtner. Im Fall einer ungeplanten Abwesenheit kann somit schnellstmöglich reagiert werden, um die Vorstellung nicht zu gefährden. Kritisch wäre der Ausfall eines Darstellers, da keine Zweitbesetzungen geplant sind.

In der Garderobe

Natalie in ihrer Garderobe

Natalie hat ihre eigene Garderobe. Im Haus gibt es insgesamt sechs Garderoben – vier für das aktuelle Stück, zwei für die probenden Schauspieler der nächsten Produktion.

Für die Stimmung dekoriert Natalie ihre Garderobe gerne.

Da Natalie viel Zeit in ihrer Garderobe verbringt, „zieht“ sie gern ein! Dazu gehört etwas Dekoration mit persönlichen Gegenständen, Fotos, Blumen und Premierengeschenken.

In der Maske

Natalie in der Maske

Geschminkt werden die Schauspieler in der sogenannten „Maske“. Das ist ein kleiner Raum unweit der Garderoben. Da sich der Maskenbildner nicht um alle gleichzeitig kümmern kann, gibt es einen Ablaufplan über die Zeiten.

Kostüm

Natürlich gehört zu jeder Rolle auch mindestens ein Kostüm. Abhängig von den Ausstattungsanforderungen wird im Vorfeld entschieden, ob Kostüme aus dem Fundus des Theaters zum Einsatz kommen, extra angefertigt oder gekauft werden müssen. Märchen- und historische Kostüme werden in der Regel geschneidert. Für „Geächtet“ wurde sämtliche Kleidung gekauft.

Falls Kostüme sehr beansprucht werden, gibt es Zweitexemplare. Im aktuellen Stück hat Natalie auch ein Notfall-Ersatzkleid, welches dem Original-Kostüm sehr ähnelt, da es voraussichtlich über 100 Vorstellungen mit Schnellumzügen durchhalten muss.

Um Bühnenkostüme zu schonen oder weil sie noch nicht fertig sind, gibt es zusätzlich oftmals Probenkostüme. Es ist sehr wichtig, dass diese dem endgültigen Kostüm möglichst ähneln, da das Kostüm auch die Bewegungen des Schauspielers beeinflussen kann: Lange Röcke, Korsetts oder ein Degen am Gürtel, schwere warme Mäntel oder sehr hohe Schuhe sind beispielsweise zusätzliche Herausforderungen, mit denen man schon während der Proben umgehen lernen muss.

Hinter der Bühne

Das ist der Bereich mit unmittelbarem Zugang zur Bühne, in der Regel rechts und links daneben. Beispielsweise finden hier die „Schnellumzüge“ statt. So nennt man Kostümwechsel, bei denen Schauspieler keine Zeit haben, die Garderobe aufzusuchen. Davon hat Natalie einige derzeit.
In diesen Bereichen liegen auch alle Requisiten bereit, die im Laufe der Vorstellung auf der Bühne benötigt werden. Fehlt etwas, muss improvisiert werden!
Natalie erinnerte sich schmunzelnd an eine kürzlich fehlende Kaffeetasse! Kleiner Schreck, da diese wirklich in der nächsten, sehr emotionalen Szene benötigt wird. Glück gehabt, der Requisiteur konnte schnell mit seiner eigenen aushelfen, und Natalie war pünktlich zurück auf der Bühne. Mit diesem Beispiel betonte sie noch einmal, wie wichtig es ist, dass sich jeder auf jeden verlassen kann. Jede Vorstellung ist eine Riesen-Teamleistung.

Porträt-Skizzen von drei Vorstellungen

Bei unserem Besuch war der Bereich rechts neben der Bühne mit vielen Bildern dekoriert, die ständig mehr wurden. Was hat es damit auf sich?
Emily, Natalies Charakter in „Geächtet“, ist Malerin und malt im Laufe des Stückes ein Porträt von ihrem Mann Amir Kapoor. Die Skizze hierfür zeichnet Natalie in der 1. Szene auf der Bühne. So entsteht jeden Abend ein weiteres Bild. Alle diese Kunstwerke hat die Garderobiere hier im Bereich hinter der Bühne aufgehängt!
Natalie erklärte uns, warum die Bilder mit Wachsmalstift gemalt sind. Das ist eine ziemliche Herausforderung, da man damit nicht so genau zeichnen kann. Eigentlich nutzt man Kohle oder Kreide, aber das könnte schmieren und schlimmstenfalls die Kostüme verschmutzen.

Patrick Khatami als Amir Kapoor im Stil von Velázquez‘ „Juan de Pareja“

Das Bild ist ständiges Thema im Stück – Amir Kapoor im Stil von Velázquez‘ „Juan de Pareja“. Am Ende betrachtet Amir sein Porträt. Der Zuschauer kann kaum einen Blick erhaschen, daher hätte theoretisch auch „irgendein“ Bild aus dem Fundus genutzt werden können, aber Natalie erzählte uns, dass sie es eine super Rollenarbeit fand, es selbst zu malen. So hat sie dafür während der Probenzeit viele Abende in der Werkstatt im Theaterkeller verbracht. Oben auf der Bühne wurde das vorige Stück aufgeführt, und sie saß unten, hörte zu und malte.

Lachend zeigte sie uns Ihr Kunstwerk und sagte: „Ich bin sehr stolz drauf, zumindest erkennt man den Kollegen Patrick Khatami!“

Auf der Bühne

Der Blick in die Zuschauerreihen von der Bühne

Wie nimmt ein Schauspieler das Publikum wahr?

Bei „Geächtet“ gibt es einen transparenten Vorhang, der zu Beginn unten ist. Der Zuschauer sieht darauf die Skyline von New York. Kurz vor der Vorstellung quert Natalie hinter dem Vorhang die Bühne, um sich an beiden Seiten Wasserflaschen zu positionieren, dabei bekommt sie mit, wie das Publikum in den Saal kommt und Platz nimmt.

Während der Vorstellung nutzt jeder Schauspieler seine Techniken und Vorlieben, das Publikum auszublenden.
Natalie versucht, die Zuschauerreihen nicht als solche wahrzunehmen. Dazu gehört, möglichst nicht in das Publikum zu sehen. Das ist natürlich nicht immer machbar, so gibt es einige Stellen, bei denen sie frontal in den Zuschauerraum schauen muss. Also greift sie zu einem Trick, den sie in der Schauspielschule gelernt hat, „sich passend zum Stück etwas vorstellen“. Hier ist es der Blick aus dem Fenster des Apartments auf New York! So werden Köpfe zu Hochhäusern oder einem Stück Central Park.

Bis zum Schlussapplaus ist damit der Zuschauer im Grunde nicht da. Beim Schlussapplaus kann sie die Leute in den ersten fünf bis sechs Reihen sehen. Bedingt durch die Scheinwerfer erkennen aber meist nur, wenn sie um Bekannte weiß und wo diese ungefähr sitzen.

Die Bühnendekoration bei „Geächtet“

… und wie ist das mit dem Text?

Auf der Bühne erzählte Natalie, dass es gar nicht so kompliziert sei und mit welcher Einstellung sie dies angehe.
Der Text ist das, was der Autor dem Schauspieler geschenkt hat. Neben dem gelernten Text füllt der Schauspieler ihn mit „Gefühlen und Gedanken der Figur“. Er erarbeitet sich, warum die Figur einen Satz sagt, welches Gefühl, Bedürfnis, Wunsch oder Ansicht sie dahinbringt. Daraus wird ein Gedankenfilm, und die Texte ergeben sich von selber.

Im Orchestergraben

Im Stück „Geächtet“ werden keine Musiker benötigt, daher bleibt der Orchestergraben ungenutzt. Da dieser Ort für Natalie eine ganz besondere Bedeutung hat, zeigt sie ihn uns strahlend:
„Das ist mein Lieblingsraum in diesem Haus! Über dem abgedeckten Orchestergraben ist tatsächlich die Bühne. Hier steht mein Freund, ein schöner, alter Flügel von Steinway! Ich spiele immer vor den Aufführungen, seit ich für das Stück „Auf und davon“ Anfang 2014 das erste Mal in Stuttgart engagiert war.“

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