Eine Fan-Weihnachtsgeschichte der gemeinsamen Aktion
des TVB Wilder Kaiser und des Bergdoktor Fanclubs!

Diese Geschichte wird außer Konkurrenz veröffentlicht.

Perchtennacht

von Lydia Fornleitner

So rasch wie der Sommer vergangen war, hatte der Winter in das bereits tief verschneite Dörfchen Ellmau Einzug gehalten. Innerhalb weniger Tage hatte sich die Landschaft in ein zauberhaftes, glitzerndes Winteridyll verwandelt. Gerade rechtzeitig zur großen Perchtennacht.

Die Vorbereitungen zu dieser liefen auf Hochtouren. Susanne Dreiseitl, die attraktive Wirtin des Wilden Kaiser, koordinierte, telefonierte und packte an wo es nur ging. Die ganze Woche war sie sowie ihre beiden Kinder, Jonas und Sophia, zu Gast am Gruberhof gewesen. Nach einem Heizungsrohrbruch mussten im Gasthof neue Rohre verlegt werden, dadurch war das Gasthaus bis heute geschlossen gewesen. Durch den Ausfall der letzten Tage gebremst arbeitete Susanne nun im Akkord, damit sowohl der große Perchtenlauf wie auch der Besuch des Nikolaus glatt über die Bühne gehen konnten.

Susanne kam gerade aus dem Keller und ärgerte sich, dass die Arbeiter die alten Heizungsrohre nicht mitgenommen hatten, als Martin hereinkam. Erleichtert ihn zu sehen fragte sie lächelnd, ob er einen Kaffee wollte. „Eigentlich will ich für Roman nur schnell das Kostüm und den Bart holen. Ich muss zurück in die Praxis“, sagte er entschuldigend, als er sah, wie enttäuscht Susanne war. Er folgte ihr in die Gaststube. Hustend zeigte Susanne auf das bereits zurechtgelegte Nikolauskostüm. Dankend nahm er es. Bevor er sie wieder verließ, kam er jedoch noch einmal zu ihr. „Du hast doch so oder so viel zu viel zu tun, um in Ruhe mit mir einen Kaffee zu trinken, oder?“ Noch bevor sie antworten konnte ging die Tür auf und ein Lieferant kam herein. „Hallo Harald“, begrüßte Susanne ihn, sah dabei jedoch zu Martin, der sie neckend und rechthaberisch ansah. Martin gab ihr einen Kuss auf die Wange und verließ den Wilden Kaiser. Susanne sah ihm lächelnd nach, wandte sich dann jedoch erneut hustend ihrem Lieferanten zu.

Der restliche Tag verging wie im Flug. Während im Wilden Kaiser noch hektisches Treiben
herrschte und auch in Martins Arztpraxis ungewöhnlich viel los war, war im Gruberhof Ruhe eingekehrt. Sophia schlief, Lilli war in ihrem Zimmer, um sich für den Abend fertig zu machen, und Hans saß mit Jonas und Lisbeth in der Küche. Er war froh, endlich zu Hause zu sein. „Und die Forche reichte bis auf d‘ Straßen?“ fragte Lisbeth ungläubig, während sie eine Schluck Kaffee trank. Hans nickte und streckte sich, er war sichtlich erschöpft. „Der Schnee ist so schwer, dass unter der Last die Bäume einknicken“, erklärte er. „Wenn es so weiter schneit…“, er schüttelte den Kopf, sprach jedoch nicht weiter, sondern wandte sich Jonas zu. „Sag, wie wars denn in der Schule?“ „Gut, ich hab einen Einser auf mein Referat zum Thema Nasenbeutler bekommen“, erzählte Jonas und lächelte Hans an. Stolz erwiderte dieser sein Lächeln und klatschte mit ihm ein. „Klasse.“ In diesem Moment kam Lilli herein, sie und Lisbeth hatten Susanne versprochen, ihr abends zu helfen, wollten jedoch bereits jetzt los, um ihr zur Hand zu gehen. Zurück blieben Jonas, Hans und Sophia, die erst später zum Nikolaus kommen wollten.

Als Lilli und Lisbeth beim Wilden Kaiser ankamen, waren sie überrascht, dass bereits so viele Gäste da waren. Der Duft von Maroni, Braterdäpfel, Punsch und Glühwein lag in der Luft. Auf dem Platz verteilt standen Grüppchen von Menschen, die sich scheinbar alle einen guten Platz für den Perchtenlauf sichern wollten. Susanne hingegen war in ihrer Wohnung und stand vor ihrem Spiegel. Den ganzen Tag hatte sie schon gefürchtet, dass sie krank werden würde, doch dass es sie so plötzlich erwischte, passte ihr gar nicht. Hustend zog sie ihr Dirndl an und betrachtete sich dann. Sie war kreidebleich, ihr war übel und sie hatte Kopfschmerzen, doch sie wusste, dass sie unten gebraucht wurde. Sie wusch sich ihr heißes Gesicht, machte sich fertig und ging dann hustend hinunter. Sie atmete tief durch und betrat die Gaststube. Alle Tische waren bereits besetzt. Susanne schnappte sich einen Block und ging zu einem vollbesetzten Tisch. „Wisst ihr’s schon?“ fragte sie freundlich und nahm räuspernd die Bestellung auf. Als sie gerade gehen wollte, fragte sie einer der Männer nach einem Aschenbecher. Entschuldigend erklärte sie, dass Rauchen nur draußen erlaubt war. Lächelnd verschwand sie dann hinter dem Tresen.

„Den Sirup recht knapp vor dem Schlafengehen einnehmen, so kriegen wir das hin mit dem Schleim, Manuel“, verabschiedete sich Martin von seinem letzten Patienten und ging zurück in sein Sprechzimmer. Dort setzte er sich auf seinen Sessel, notierte etwas in einer Krankenakte und atmete tief durch. In diesem Moment kam Roman als Nikolaus verkleidet herein. Als er Martins angespannten Gesichtsausdruck sah, setzte er sich zu ihm. „Anstrengender Tag?“ fragte er fürsorglich. „Ja“, antwortete Martin und lehnte sich seufzend zurück, „sehr. Heute war ich mehr Seelenklempner als Arzt. Der eine hat erzählt, dass er in Heilbronn Ingenieurswesen studieren wird und wollte was gegen seine Nervosität wegen der bevorstehenden Aufnahmeprüfung, und Frau Sattler hat unentwegt von ihrem Aufenthalt in der Rehaklinik Wien Baumgartner Höhe geredet.“ „Na komm Martin, lass uns losfahren und auf andere Gedanken kommen“, ermunterte Roman seinen Freund. Zusammen fuhren sie zum Dorfplatz, auf dem Roman bald seinen Auftritt als Nikolaus hatte.

„Susanne!“ energisch sah Lisbeth sie an, doch diese war nicht zu besinnen. Sie nahm drei Teller und verließ erneut die Küche. Elisabeth Gruber war verzweifelt, sie sah, wie schlecht es ihr ging, doch Susanne wollte einfach nicht zugeben, dass sie nicht mehr konnte. „Herrschaftszeiten, Martin, jetzt komm doch endlich… auf dich hört sie wenigstens“, sagte Lisbeth genervt und hoffte inständig, dass ihr Ältester endlich erschien. In diesem Moment gingen in der Gaststube mehrere Teller zu Bruch; Besteck fiel klappernd auf den Boden. Dann hörte Lisbeth ein dumpfes Geräusch und verließ die Küche, um nachzusehen. Erschrocken blieb sie in der Tür stehen. Susanne lag reglos auf dem Boden, um sie herum ein Meer aus zerbrochenen Tellern und Essensresten. Martin war soeben hereingekommen und eilte zu Susanne. Er schrie Lilli an, ihm seine Tasche zu bringen und den Sanitätern, die am Dorfplatz für den Perchtenlauf bereit standen, Bescheid zu geben. Wenige Augenblicke später wurde Susanne mit Blaulicht ins Krankenhaus gebracht. Während der Nikolaus die Kinder unter lautem Jubelgeschrei auf dem Dorfplatz begrüßte, war es in der Gaststube ganz ruhig geworden.

„Alexander“, Martin eilte zu seinem Freund, der bereits auf ihn gewartet hatte. „Martin! Sag mal, was bringst du mir immer für Fälle ins Haus?“ begrüßte dieser ihn und ging mit ihm zusammen zu Susanne. Fragend starrte Martin abwechselnd Alexander und Susanne, die reglos in einem Krankenbett lag, an. „Eine klassische Lungenentzündung können wir definitiv ausschließen“, sprach Alexander ruhig, während er nachlässig las und unterschrieb, was ihm eine Krankenschwester gab. Martins Gedanken überschlugen sich. Er verstand die Welt nicht mehr. Heute Morgen war Susanne noch gesund und munter mit ihm am Frühstückstisch gesessen, und nun lag sie auf der Intensivstation. „Wir müssen etwas übersehen haben“, sagte Martin genervt. Alexander sah ihn fragend an: „Ja, aber was?“ Martin entriss Alexander unsanft die Krankenakte, doch auch er fand keine Antworten. Besorgt ging er zu Susanne. Er nahm ihre Hand, strich sanft über diese. Dann gab er Susanne einen Kuss auf die Stirn und verließ das Krankenhaus.

In der Praxis wartete bereits Roman auf ihn. Dieser wollte genau wissen, was passiert war und wie es Susanne nun ging. „Roman, ich verstehe es einfach nicht“, Martin stand auf und sah aus dem Fenster. „Heute Morgen ging es ihr noch gut und jetzt?“ Roman hörte ihm aufmerksam zu, zog indes ein Buch aus dessen Schuber und schlug es auf. „Aber irgendwas muss ihren Zustand doch ausgelöst haben“, antwortete er und steckte das Buch zurück. Seufzend drehte sich Martin zu ihm, als sein Handy klingelte. Kurze Zeit später hatte Martin die Praxis verlassen und betrat den Gruberhof. In der Küche brannte noch Licht, denn auch hier wollte man wissen, wie es um Susanne stand. Nachdem Martin alle auf den aktuellsten Stand gebracht hatte, brach Hans nach wenigen Minuten das Schweigen. „Das kann doch net sein, erst der Heizungsrohrbruch und dann das?!“ Erschöpft und wütend setzt er sich. „Hans…“, versuchte seine Mutter ihn zu beruhigen, wurde jedoch von Martin unterbrochen. „Der Rohrbruch…“, murmelte dieser und verließ den Gruberhof, während er sein Handy aus seinem Sakko holte und wählte.

Als Martin erneut im Krankenhaus ankam, kam ihm Alexander bereits lächelnd entgegen. „Martin! Du hattest Recht. Vera hat Legionellen-Bakterien in Susannes Blutzellen gefunden. Wir haben bereits mit der Behandlung begonnen. In wenigen Stunden wissen wir, ob die diese anschlägt.“ Erleichtert sah Martin seinen Freund an, der ihm daraufhin auf die Schulter klopfte.

Tage vergingen, Susanne erholte sich langsam, die Antibiotika zeigten ihre Wirkung. Drei Wochen später durfte Susanne endlich das Krankenhaus verlassen. Rechtzeitig, um zusammen mit den Kindern, Hans, Lilli, Lisbeth und Martin am Gruberhof Weihnachten zu feiern. „Und das hier ist für dich“, sagte Lisbeth und gab Lilli ein Geschenk. Diese öffnete es und war überwältigt. „Das sind die Ohrringe deiner Mutter“, fügte Lisbeth hinzu. „Die sehen nigelnagelneu aus“, erwiderte Lilli überrascht und betrachtete die Ohrringe genauer. Martin, Hans und Lisbeth tauschten fröhliche Blicke aus. „Frohe Weihnachten“, sagten sie gleichzeitig. Reihum wurden nun Geschenke verteilt. Martin ging lächelnd zu Susanne und umarmte sie. „Ich bin froh, dass es dir wieder besser geht. Frohe Weihnachten“, flüsterte er ihr ins Ohr und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Er löste sich aus der Umarmung und gab ihr ein kleines Geschenk. Sie öffnete es, doch bevor sie noch etwas sagen konnte, gab Jonas ihr sein Geschenk und nahm seine Mutter in Beschlag. Nachdem alle Geschenke verteilt waren, stellten sich alle vor den prächtig geschmückten Baum und stießen zusammen auf Weihnachten und Susannes Genesung an. Susanne stand neben Hans und den Kindern. Glücklich legte Hans seinen Arm um sie. Susanne hingegen sah Martin an. Ihre Blicke trafen sich.

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