Heiko Ruprecht im Interview:
„Heile Welt ist auf Dauer langweilig“

Als Darsteller des Bruders des Bergdoktors ist Heiko Ruprecht aus der Reihe nicht wegzudenken. In seiner Rolle als Hans Gruber, oft ein bisschen ungeschickter und impulsiver, ist er den Fans gerade deshalb ans Herz gewachsen. Was Heiko über ein grünes Betttuch in den Bergen, geschlossene Augen beim Dreh und sein ganz persönliches Mutterschiff zu sagen hat – Lest selbst!

Du spielst in einer der aktuell erfolgreichsten Reihen im deutschen Fernsehen mit. Worin liegt der Erfolg dieses Formates?

Die interessanten und vielschichtigen Charaktere, allen voran Hans Sigl als Hauptdarsteller und Zugpferd, sowie die wunderschöne Bergwelt sind meiner Meinung nach das Erfolgsrezept des „Bergdoktors“. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, glaubwürdige, bodenständige Menschen darzustellen, die das Herz am rechten Fleck haben, sich gegenseitig aber auch nichts schenken, so wie im echten Leben. Ich denke, das ist uns gelungen!

Wie bist Du zu der Rolle des Hans Gruber gekommen?

Ich bin zum Casting nach München eingeladen worden und habe dort Hans Sigl getroffen. Die Chemie zwischen uns hat sofort gestimmt, so war dieses Casting ein Selbstläufer. Alle Anwesenden hatten sofort das Gefühl: Das sind Brüder, die lieben sich, die sind auf Augenhöhe, da fliegen aber auch mal die Fetzen – da ist auf jeden Fall Feuer drin. Daher kam relativ schnell das Angebot.

Durch Deine Rolle im „Bergdoktor“ bist Du dem Fernsehpublikum bekannt geworden. Inwiefern hast Du das in dem Ausmaß damals geahnt?

Richtig, in der Theaterwelt kannte man mich schon, aber in der Fernsehlandschaft wurde ich dadurch erst wahrgenommen. Das war natürlich ein super Einstieg. Ich habe vermutet, dass „Der Bergdoktor“ zwei bis drei Staffeln laufen würde, aber dass wir jetzt immer erfolgreicher werdend schon ins 9. Jahr gehen, das habe ich damals absolut nicht geahnt.

Welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschiede gibt es zwischen Dir und Deiner Rollenfigur?

Es gibt selbstverständlich null komma null Ähnlichkeiten zwischen mir und Hans Gruber !! (lacht). Auch was die bäuerlichen und handwerklichen Fähigkeiten betrifft, da ist Hans Gruber beim Kühe melken und Traktor-Reparieren ganz klar im Vorteil.

Hans ist ja immer ein bisschen schwierig und engstirnig. Würdest Du ihm mehr Lockerheit wünschen oder ist es gerade das, was Dir an Deiner Rollenfigur gefällt?

Ich finde es liebenswürdig, dass Hans, anders als der Bergdoktor als Held der Geschichte, ein bisschen ungeschickter, impulsiver, hemdsärmeliger und hilfloser im Umgang mit Frauen sein darf. Es macht Spaß, solch eine Figur zu spielen. Man muss aber natürlich immer aufpassen, dass die Figur nicht zu schmalspurig und pubertär wird. Das ist eine Gratwanderung.

Du drehst ja alle Bergrettungsszenen selbst: Wann und wo hast Du das Bergsteigen gelernt?

Da ich in Lindau am Bodensee aufgewachsen bin, bin ich schon als Kind mit meinen Eltern oft in den Bergen gewesen und über den Wintersport dann zum Klettern und Bergsteigen gekommen. Da habe ich also keine Berührungsängste, und diese Drehtage machen mir immer besonderen Spaß. Leider sind die Bergrettungsszenen in letzter Zeit immer weniger geworden, das müssen wir dringend wieder ändern – zumal ich von allen Seiten höre, dass die Zuschauer das vermissen.

Es sieht immer recht gefährlich aus, wenn Ihr die Verunglückten aus dem Gebirge rettet, gerade wenn diese sich zum Beispiel auf einem Felsvorsprung befinden. Wie dürfen wir uns diese Dreharbeiten vorstellen?

Natürlich ist zu keiner Zeit einer von uns Schauspielern in Gefahr. Wir sind immer durch ein Seil gesichert, dass uns bei einem eventuellen Sturz hält. Weiterhin drehen wir nicht in luftigen Höhen mit einem Abgrund von 200 m unter uns, sondern eher 2 m. Um dies aber in der fertigen Szene so tief und gefährlich wirken zu lassen, wird oft mit Green Screen gedreht. Man hat sozusagen unter der Wand, auf der man wirklich klettert, ein großes grünes Betttuch, in dieses wird nachträglich die tiefe Wand reinkopiert.

Welches war Dein gefährlichster Bergdoktor-Dreh und welches war Dein schönster Bergdoktor-Dreh?

Am „kitzlichsten“ war das erste Mal, als ich am Hubschrauber hing. Ich wurde mit Martin zusammen am Kitzbühler Horn unterm Heli ans Seil gehängt und ausgeflogen. Unangenehm war dabei vor allem, dass ich bewusstlos spielen und deshalb die Augen zumachen musste – das war schon ein komisches Gefühl, der „Gefahr nicht ins Auge sehen zu können“.
Ganz besonders schön war, auch wenn es ein bisschen makaber klingt, der Nachtdreh des Scheunenbrandes Anfang der zweiten Staffel. Wir schauten stundenlang dabei zu, wie der Heustadel unter Aufsicht der Feuerwehr komplett abgefackelt wurde – ein riesiges Feuer, das im ganzen Tal zu sehen war. Das hatte etwas sehr Romantisches.

Was sagst Du zu der Beziehung mit Susanne, die durch Hans‘ Flirt in der 7. Staffel belastet wurde bzw. aktuell gescheitert ist? Hättest Du lieber eine funktionierende und glückliche Beziehung gespielt?

Grundsätzlich ist Hans ein Beziehungstyp und eine treue Seele, aber man versucht natürlich immer, Konflikte zu schaffen, um die Spannung zu erhöhen, denn „heile Welt“ ist auf Dauer langweilig.

Was wünscht Du Susanne und Hans für die Zukunft?

Ganz ehrlich: Ich weiß es wirklich nicht und lasse mich überraschen! Das Schicksal wird entscheiden, ob die beiden irgendwann wieder zusammenkommen oder überhaupt keine Basis mehr finden. Vor allem durch ihr gemeinsames Kind Sophia bleiben Susanne und Hans aber zwangsläufig sowieso verbunden.

 Was macht Hans Gruber in 10 Jahren?

Er betreibt den Gruberhof nur noch auf Sparflamme und hat eine Outdoor-Schule gegründet, bietet Canyoning und Riverrafting für Touristengruppen an. Für Bergdoktor-Touristengruppen… (lacht)

Was sagst Du denn zu Eurer Beliebtheit bei den Fans, die auf Euren Spuren Urlaub machen und denen Ihr teilweise beim Drehen begegnet?

Ich finde es ganz enorm, wie beliebt unsere Geschichten in den letzten Jahren geworden sind und dass die Fans gerne ihren Urlaub am Wilden Kaiser verbringen. Das spricht ja dafür, dass wir einiges richtig machen.

Wie hat es sich ergeben, dass Du Dich für die Schauspielerei entschieden hast und wie waren Deine Anfänge?

Angefangen hat alles mit dem Vorlesewettbewerb in der sechsten Klasse. Ich habe gemerkt, dass die Leute mir echt zuhören, wenn ich vorlese. Danach habe ich Schultheater, Laientheater, Amateurtheater gemacht – zeitweilig habe ich mich in drei verschiedenen Theatergruppen in Lindau ausgetobt, u.a. in der Altstadt auf dem Unteren Schrannenplatz den Kleinen Prinzen gegeben. Zwischenzeitlich war ich ein Jahr bei einer Gastfamilie in den USA, da gab es auf der Highschool eine tolle Bühne und einen professionellen Regisseur, der mit uns z.B. das Musical „Cinderella“ einstudiert hat, in dem ich als Herold auf einem echten Pferd auf die Bühne reiten und hoch zu Ross singen durfte: „The prince is giving a ball!“ Irgendwann musste ich mir eingestehen, dass ich wirklich nichts anderes machen will als Schauspieler zu werden. Nach dem Abitur wurde ich am Salzburger Mozarteum zur Ausbildung genommen. Anschließend war ich am Stadttheater Ulm, an den Münchener Kammerspielen und am Residenztheater engagiert, bis ich mich entschlossen habe, frei zu arbeiten – auch um mehr zu drehen. Theater-Gastspiele gab´s dann u.a. noch in Karlsruhe, Hamburg, Heidelberg, Essen oder Bochum. Seit dem „Bergdoktor“ hat es sich mehr auf’s Fernsehen verlagert. Aber das Theater ist und bleibt mein Mutterschiff!

Du spielst ja auch heute noch regelmäßig Theater. Die Bühnenstücke sind aber immer ein recht schwerer Stoff. Ist es das, was Du liebst oder würdest Du gerne auch das Genre Komödie spielen?

Da ich im Theater das Abenteuer suche, Figuren zu spielen, die größer sind als ich selbst, liebe ich die Beschäftigung mit diesen anspruchsvollen Stoffen sehr – in den letzten Jahren waren das z.B. Shakespeares „Maß für Maß“ oder Ibsens „Volksfeind“. In der Boulevardkomödie ist es oft so, dass die Figuren kleiner sind als man selbst, das ist meistens nicht so spannend und interessiert mich nur bedingt – auch wenn es sicher Spaß machen kann. Es gibt aber auch richtig gute und intelligente Komödien, z.B. die von Yasmina Reza. Übrigens ist auch Shakespeares „Maß für Maß“ eine Komödie!

Wie stehst Du in diesem Zusammenhang zu Formaten wie Katie Fforde, in denen Du schon mitgewirkt hast?

Das sind Märchen für Erwachsene – und ich mag gute Märchen!
Die Anforderung ist für jedes Format die gleiche: Eine glaubwürdige Figur zu spielen. Das ist in einem Katie Fforde- oder Rosamunde Pilcher-Film oft schwieriger als z.B. in einem „Tatort“, weil die Geschichten meistens einfacher erzählt sind, es kommt aber immer darauf an, was man daraus macht. Letztes Jahr habe ich wieder einen neuen Katie Fforde-Film in der Nähe von Boston gedreht („Zurück ans Meer“ am 19.04.2015 im ZDF – Anmerkung des Bergdoktor Fanclubs), der ist ein schönes (!) Märchen geworden. Da habe ich zugesagt, weil mich die Figur des Meeresbiologen und die Geschichte angesprochen haben. Man muss sich einfach darauf einlassen, sich dazu bekennen und darf es nicht halbherzig machen.

Welches ist Deine Traumrolle?

Da fallen mir natürlich vor allem Theaterrollen ein: Macbeth oder Othello von Shakespeare.

Welches sind neben dem „Bergdoktor“ Deine weiteren Projekte in der nächsten Zeit?

Beim Bayerischen Rundfunk bin ich regelmäßig als Rundfunksprecher für Literatur und Features tätig. Es wird ein paar Lesungen geben. Weiterhin habe ich ein Soloprogramm geplant. Fernsehanfragen gibt es auch – und auf den einen oder anderen „Theaterzug“ werde ich sicher auch wieder aufspringen, wenn´s zeitlich reinpasst.

Wie sieht es im musikalischen Bereich bei Dir aus?

Ich liebe Jazz und dilletiere seit Jahren selbst ein bisschen auf der Jazztrompete – aber nur im stillen Kämmerlein!

Welche Hobbys hast Du? Wie hältst Du Dich fit?

Ich mache Sport: Fußball, Tennis, Laufen, Radfahren, Bergsteigen, Skitouren… Zwei bis drei Mal die Woche tobe ich mich richtig aus, dann geht´s mir gut!

 

 Wie machst Du gerne Urlaub? Lieber aktiv oder gemütlich?

Auf jeden Fall aktiv! Klar, auch am Strand verbringe ich gerne mal einen halben Tag, aber dann muss ich mich zum Ausgleich sportlich betätigen. Im Idealfall kann man beides verbinden: Morgens Radfahren oder Tennis spielen und am Nachmittag an den Strand. Und am Abend dann schön essen gehen.

Welches ist Dein Lebensmotto?

Gute Frage… (überlegt) Vielleicht „Nimm’s leicht“ oder „Lass einfach laufen“. Ich bin oft sehr ungeduldig und anspruchsvoll und sollte manchmal vielleicht ein bisschen nachsichtiger und großzügiger mit mir und anderen sein.

Du hast ja keine eigene Homepage. Hast Du mal darüber nachgedacht, hier etwas zu verändern?

Ich denke tatsächlich momentan drüber nach, weil es marketingtechnisch natürlich Vorteile hat, z.B. wenn man sein Soloprogramm bewerben möchte. Ansonsten fühle ich mich bei meiner Agentur gut aufgehoben und bin über deren Seite ja präsent.

Wir bedanken uns ganz herzlich für das Interview und geben Dir nun noch die Möglichkeit, den Bergdoktor-Fans etwas zu sagen.

Ich bin ehrlich gesagt wahnsinnig gerührt, dass es so viele Leute gibt, die Lust haben, sich über die donnerstäglichen Fernsehabende hinaus mit uns und unseren Geschichten zu beschäftigen. Es ist großartig, wie leidenschaftlich Ihr Anteil nehmt und uns treu bleibt! Wir versuchen ja „nur“, gutes Fernsehen zu machen, nicht mehr und nicht weniger, aber für Euch bedeutet das offenbar noch ein bisschen mehr. Das ist sehr berührend und macht mich manchmal richtig sprachlos.

Das Interview entstand im Rahmen eines Besuches des Theaterstückes „Die kleinen Füchse“ in Fürth.

3 Kommentare zu „Heiko Ruprecht im Interview:<br>„Heile Welt ist auf Dauer langweilig““

  1. Ein sehr schönes Interwiew…. informativ und interessant….. von einem tollen Schauspieler!!
    Es ist immer wieder spannend in Euren Seiten zu stöbern….
    Vielen Dank…. Macht weiter so!!!

    GLG Daniela

  2. Das Interview war sehr schön und aufschlußreich /interessant.Einfach toll,mal zu erfahren wie die Schauspieler auserhalb ihrer Rolle beim Bergdoktor sind.Ich mag Heiko Ruprecht sehr gerne,und ich fand es ganz lustig ,dass er sagt:dass er Null,Null Ähnlichkeiten hat.Ich schätze ,dass er ein ganz lieber Mann und Papa im echten Leben ist.Liebe aber zugleich seine Rolle die er da spielt.Mit einer sehr großen Überzeugung,wie im echten Leben.Ich kenne da jeman der ab und an so ist wie Heiko als Hans.Bitte mach weiter so.Unsere Tochter Ines findet dich und Hans Sigl als Papas einfach toll.Coole Papas ,sagt sie immer.Also dann danke nochmal für das top Interview,hat mir sehr sehr gut gefallen.Schöne Drehzeit dann….

    von Herzen Christine aus Schernfeld

  3. I enjoyed reading the interview, thank you! Although I liked the season 8 episodes very much, I also missed the mountain rescue scenes. I love to watch Der Bergdoktor because it’s true to life, interesting, dramatic, beautiful and has great actors/actresses. I am already looking forward to all future episodes. Keep up the good work and take care!

    Yvonne from Groningen (Netherlands)

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